Klaus Thies schreibt: 29.1.2017 09:32h
Mit solcherlei Zahlenkombinationen beginnt jeder Tag bei mir. Ich schreibe nämlich nicht nur heute, sondern seit dem 4.01.04, also schon seit über dreizehn Jahren Tag für Tag eine halbe Stunde. Insofern kommt mir das zupass, dass ich heute, am 29. Januar, nichts daran ändern muß. Der einzige Unterschied: Ich tippe meine Sätze direkt in den Computer. Normalerweise sitze ich an einem ganz normalen Tisch und schreibe die Worte mit Hand, trage sie in einen linierten Spiralblock din 4 ein, mit Rand. Normalerweise, wenn es irgendwie geht, morgens, noch vor der Arbeit, vor jeder anderen Aktivität. Mit einem Cappuccino, einem Glas Orangensaft und einem relativ leeren Kopf. Manchmal schläft er sogar noch dabei, während ich merkwürdige Pirouetten und Kurven aufs Papier setze, so wie man mir das beigebracht hat, damals in der Rußheider Schule in Bielefeld. Mit der rechten Hand schreibe ich, obwohl ich Linkshänder bin. So sind wir damals noch gedrillt worden: Nicht mit der „bösen“ Hand schreiben.
Der 29. Januar also. Ein guter Tag. Ein kalter Tag. Und ein sonniger Tag. Ich sitze in Berlin-Moabit und es ist so schön still hier wie es nicht stiller sein kann irgendwo auf dem Land. Nur dass die Finger auf der Tastatur klappern, schrecklich laut. Das bin ich nicht gewohnt so früh am Morgen, und darum höre ich es auch so deutlich. Der 29. Januar ist für mich ein Reisetag. Irgendwann heute Nachmittag werde ich mich auf die Autobahn begeben und nach Bremen fahren. Damit ich lesen kann und auch vergleichen, was ihr geschrieben habt heute am 29. Januar. Ein wenig kann ich dann auch das Wetter vergleichen. Normalerweise ist es bei euch immer ein bisschen wärmer als in Berlin. Normalerweise regnet es auch immer ein bisschen bei euch. Alles andere ist für mich immer eine Überraschung.
Eine Überraschung ist für mich auch immer noch das, was am Ende dabei herauskommt, wenn ich eine halbe Stunde geschrieben habe. Ich gucke mir das normalerweise nie an. Nie sofort natürlich. Es ist besser so. Denn normalerweise gefällt mir das nie, oder nur ganz ganz selten, was ich da gerade aufgeschrieben habe. Ich lasse die Sätze sozusagen reifen. Fast drei Monate lasse ich sie vollkommen in Ruhe. Erst wenn ich mit einem neuen Spiralblock beginne, lege ich den alten vollgeschriebenen Spiralblock daneben und gucke mir das an, was ich vor ungefähr drei Monaten aufgeschrieben habe. Dann beginnt die Korrekturphase und die ist eigentlich die schönste. Wenn ich aus dem Mist was machen kann, was eventuell was taugen könnte. Das ist mein System. So einfach ist das.
Die Themen liegen auf der Hand. Alles darf auf die Seiten, in die Seiten. Allerdings interessiere ich mich nicht so sehr für das, was man mit Stimmungen umschreiben könnte, oder was typisch Tagebuch ist. Heute ging ich in die Apotheke und habe mir ein paar Taschentücher gekauft und der jungen Apothekenhelferin freundlich ins Gesicht geleuchtet... So was geht gar nicht, zumal heute Sonntag ist. Aber so was schreibe ich auch nicht am Dienstag auf.
Trump ist natürlich ein Thema. Wen würde das nicht beschäftigen in diesen Tagen. Ich habe einen Cousin in Boston lebt er, mit ihm tausche ich mich darüber aus. Er schreibt mir auf in Englisch, ich antworte in Deutsch. („in“ oder „auf“ – nie weiß ich die richtige Präposition dazu. Aber so geht es mir auch, wenn ich Italienisch spreche bzw. radebreche.)
Trump beschäftigt uns alle. Wann wird er die Grenze nach Kanada abschließen. Am besten wäre es, er würde sich in einen von seinen Trump-Towers einschließen und endlich Ruhe geben. Theresa May hatte es sehr eilig, Herrn Trump zu begrüßen. „Als Teppichvorleger“ hat sie sich befleißigt, sogar den israelischen Ministerpräsidenten zu überholen – schrieb der Guardian. Das hat mir doch sehr gefallen.
Der 29. Januar 2017. Ich habe eben auf die Uhr gesehen, und es ist wirklich unglaublich, was für ein Zeitgefühl ich entwickelt habe nach sovielen Jahren sehe ich fast immer genau nach dreißig Minuten auf die Uhr. Jetzt ist es passiert.
Morgen ist der 30. Januar. Und für mich geht es morgen weiter. Ganz normal, mit meinem japanischen Muji-Stift in Schwarz auf schneeweißem Papier mit der rechten Hand. Die linke sieht zu und das seit sovielen Jahren schon...